top of page

Warum mein Atelier in einer Klinik ist.

Aktualisiert: vor 5 Tagen




Ein Ort mit Geschichte

Das Kunst und Kulturzentrum Semmelweisklinik ist ein magischer Ort außerhalb meines Alltags. Dieser Abstand tut gut und lässt mich auch „Outside the box“ denken. Die ehemalige Frauen- und Geburtsklinik liegt eingebettet in einen alten Park in Wien-Währing – zwischen ruhigen Wohnanlagen, beseelten Kindergärten und einer überraschenden Portion Natur mitten in der Stadt. Alles nur acht Radminuten von meiner Wohnung entfernt.

Es ist ein Ort mit einer langen Geschichte. Nach dem berühmten Arzt Philipp Ignaz Semmelweis benannt wurde damals sehr viel Wert auf heilsame Ruhe und Fürsorge gelegt. Insgesamt 6 Pavillons (Häuser) befinden sich auf dem Areal. Seit 2019 ist die Klinik geschlossen und die Reste der Belegschaft ins Krankenhaus Nord übersiedelt. Inzwischen ist in vier der Pavillons eine Schule eingezogen. Ein Haus steht leer und ein weiteres, das ehemalige Wirtschaftsgebäude, wird seit Sommer 2022 von ein paar Wilden bespielt. Sie nennen sich „Künstler:innen“. ;-) Ich mach nur Spaß.


Semmelweisklinik, 2024 (c) Elisabeth Blum
Semmelweisklinik, 2024 (c) Elisabeth Blum


Beim kreativen Urknall dabei

Ich erinnere mich noch gut an meinen ersten Besuch. Das ganze Haus hatten den abgestandenen Geruch eines Lost Places – abgestützte Treppen, alte Spinte aus den 1930er-Jahren, Rattenköder im Keller. Und doch war da diese spürbare Energie. Nathalie Frickey, die ich für einen Artikel über diese Zwischennützung interviewte, führte mich herum, erzählte begeistert von den Ideen für dieses 3.800 qm große Gebäude. Der frisch gegründete Verein Kunst und Kulturzentrum Semmelweisklinik sprudelte vor Visionen und Tatendrang, es fielen Sätze wie „Und jetzt betreten wir den Osttrakt“ oder „Wir vermuten, dass das Nähzimmer war, weil es so im Elektrokasten angeschrieben ist“. Eine Tür ließ sich nicht öffnen, weil die Stiege mit Bretten abgestützt wurde, welche den Weg versperrten. Ich war augenblicklich schockverliebt in dieses Haus voller Möglichkeiten, ich wollte Teil dieses Urknalls eines Künstler-Kollektivs sein.


Elisabeth Blum im Atelier, 2023 (c) Ursula Fink
Elisabeth Blum im Atelier, 2023 (c) Ursula Fink

Wo einst Leben geboren wurde, entsteht heute Kunst

Das war vor über drei Jahren. Inzwischen komme ich oft zum Haus und bin ganz berührt, wenn ich auf meine Semmel-Freunde treffe, die friedlich das vom Markt gerettete Essen in den Soli-Kühlschrank schlichten (übrigens öffentlich zugänglich für alle!), gemeinsam irgendwelche seltsamen Objekte für die Gemeinschaftsausstellung hämmern, aufblasen zurecht sägen, oder die öffentlichen Räume für eine geplante Veranstaltung vorbreiten. Alles läuft so smooth und professionell, als ob es niemals anders gewesen wäre.



Gemeinschaft und Kreativität in der Semmelweisklinik

Ich teile mir zwei kleine Räume im Mitteltrakt mit einem jungen Künstler aus Südamerika. Ich male, er schreibt. Wir sind ein guter Match. Im Park ist es nach wie vor ruhig, innen wird gehämmert, gesungen, Cello gespielt und mit Makava oder lokalem Bier angestoßen. Jeder Raum ist anders, hat seinen eigenen Geruch, seine eigene Geschichte und seinen individuellen Stil. Man hört die Leidenschaft der Tischfußball-Spielenden. Irgendwo werden Tonkabeln in Maschinen gesteckt, deren Funktionalität sich mir verschließt, oft sogar noch während ich die Performance genieße, in der sie zum Einsatz kommen. Im Haus riecht es immer aus irgendeinem Raum nach Ölfarbe oder Kleister. Das Haus ist alt, und knarrt, und ist voller Leben. Das Haus ist auch voller Geschichten, bespielt von den unterschiedlichsten Menschen und Charaktere. So romantisch male ich es mir zumindest aus.


junge Frau, de Posaune spielt im Gegenlicht
Semmelweisklinik Sommerfest 2025, Foto (c) Elisabeth Blum

Herausforderungen als Teil kreativen Schaffens

Die Eigenwilligkeiten des Hauses und der Community schaffen manchmal aber auch Unsicherheit. Der Vertrag mit der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) ist nur noch für ein Jahr verlängert. Was Ende 2026 mit der aufgebauten Infrastruktur passiert wissen wir noch nicht. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass wir ausziehen müssen. Dann heißt es wieder aufs Neue Ateliersplätze zu machen baren Bedingungen zu finden. Und aktuell sind wir immerhin 120 Künstler:innen im Haus.


Auch ist es nicht immer nur ein ruhiges, inspiriertes Schaffen von Meisterwerken. Kunst macht Arbeit. Viele Menschen mit vielen Ansichten sind manchmal anstrengend. Gleichzeitig spornt es mich aber auch an besser zu werden, mich mit dem durch meine Semmelfreund:innen Erlebten auseinanderzusetzen. Ihre Sicht auf Kunst wahrzunehmen tut gut.


Einst wurden in dieser Anlage Kinder geboren, jetzt sind es Werke die in die Welt gesetzt werden. Das Haus tut gut.


Fotos (c) Elisabeth Blum


Kommt mich im Atelier besuchen

Es finden immer wieder Veranstaltungen und Open Studio Days in der Semmelweisklinik statt. Die Termine findet ihr im Newsletter oder auf Social Media. Ihr könnt mich natürlich auch direkt kontaktieren. Ich freu mich immer für nette Gäste in meinem Atelier in der Semmelweisklinik.





 
 
 

Kommentare


Dieser Beitrag kann nicht mehr kommentiert werden. Bitte den Website-Eigentümer für weitere Infos kontaktieren.
bottom of page